Orgel

Orgelgeschichte

Zunächst handelt es sich bei der Orgel um das erste derartige Instrument in der Flechtorfer Kirche.
Über die Anschaffung und die erste Tätigkeit an der Orgel, berichtet der erste Organist, Kantor Friedrich Reiche mit eigenhändigen Eintragung auf der hölzernen Es–Pfeife des Oktavbass:

Diese Orgel ist im Jahre 1854 von dem Orgelbauer Christian Sölter zu Schöningen erbaut worden. Sie hat bei dem PP. Sölter 520 Thaler gekostet. Das Zustandekommen des Baus ist hauptsächlich das Verdienst des Gemeindevorstehers Christoph Schwerdtfeger, der es möglich gemacht, dass das Geld dafür, mit allem circa 600 Thaler, aus der Gemeindekasse beschafft worden ist. Der Organist war ich, Friedrich Reiche (1854-1867).

Meine Musikalien außer den Choralbüchern: Strubes Orgel Schule, Orgelvor – und Nachspiele von Rink, Variationen von Rink. Diese Sachen kann ich spielen. Aus Ritters Orgelschule spiele ich die melodischen Sachen. Zur eigentlichen Fuge habe ich mich noch nicht verstiegen. Seit 1860 habe ich bei den Chorälen das Zwischenspiel ausgelassen. Wer das Zeug dazu hat, möge es besser machen. Wenn ihr, unbekannte Nachfolger, vielleicht mehr leisten könnt als ich, so übrhebt euch nicht. Bedenket, daß ihr auf den Schultern derer steht die vor euch da gewesen sind.“


Auf der B-Pfeife des Stabbasses 16 Schreibt der Organist über sich selbst weiter:

„Ich, Friedrich Reiche, geb. zu Klein-Dahlum den 15. Januar 1824, wurde hier im Juli 1853 angestellt als Opfermann und Schullehrer mit 150 Thaler Einkommen, bin Vater von sechs Kindern und werde in wenigen Wochen nach Ahlum ziehen, wo ich 350 bis 400 Taler Gehalt haben werde. Trotz mancher Sorgen habe ich hier doch im ganzen glücklich gelebt. Ich segne Flechtorf bei meinem Abgang. Gott helfe mir in meinem neuen Beruf!“


Das Abschiednehmen von Flechtorf viel Kantor Reiche trotz der geringeren Entlohnung sehr schwer. Auf der C Pfeife des Violon-8-Basses Kommt die Wehmut in folgenden Worten zum Ausdruck:

„Nun lebe wohl, du schönes Orgelwerk. Wie oft hast du mein Herz höher schlagen lassen, nur wie oft ist der beste Teil meiner selbst durch deine Töne zum Ausdruck gekommen! Möchte mein Spiel die Herzen der Hörer gerührt haben, dass sie die Nähe des ewigen empfunden. Adee, es muss geschieden sein! 5.9.1867 Fr. Reiche, Cantor.“


Die Pfeife des Oktave dass es enthält die letzte Eintragung:

„Mein Lauf ist nun allhier vollendet. Ich denke, Gott hat es so gewollt; Er wird mir helfen. Morgen reise ich ab. Mein Herz ist schwer. 14 Jahre habe ich hier verlebt und in den selben manches erlebt. Es kostet Mühe und große Überwindung, die alte, liebe Städte zu verlassen. Gott segne euch alle, ihr lieben Flechtorfer! Und er segne mich und die meinen auch! Adieu, du liebes Gotteshaus! Adieu, du Liebe Orgel!
Flechtorf, 17. September 1867“


Nach Kantor Friedrich Reiche Versand alle seine Nachfolger im Schuldienst auch den Organistendienst, darunter von 1888-1922 sein Sohn Friedrich Wilhelm Heinrich Reiche.

Auch an dieser Orgel begann nach fast 100-jährigen Einsatz der Zahn der Zeit zu nagen. In einem Bericht vom 19.11.1954 heißt es hier zu unter anderem.:

„Eine ärgerliche Störung des Gottesdienstes verursachte am Buß und Bettag ein Orgel schaden. Beim anstimmen des Hauptliedes setzen wegen eines Versagens im Hebewerk mehrere Orgelpfeifen zusätzlich ein, so dass nur noch durch völliges ab dämpfen der Lautstärke die Disharmonien herabgemindert werden konnten, Und die Coralbegleitung noch erträglich lieb. Schon seit mehreren Jahren wurde mit Beginn der kälteren Jahreszeit das spielen auf dieser Orgel zum Problem. Die vom Holzwurm stark angegriffene Mechanik reagiert auf jede Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankung der Luft so unberechenbar, das ist schon öfters zu solchen Unannehmlichkeiten gekommen war. Eine gründliche Überholung des alten Instrumentes und die Bekämpfung des Holzwurm es sollte nicht mehr lange hinausgeschoben werden.“


Doch erst in fünf Jahren war die Kirchengemeinde in der Lage, die dringende Reparatur der Orgel vornehmen zu lassen. Noch rechtzeitig zur Adventszeit 1960 hatte Orgelbauer Dutkowski aus Braunschweig die Arbeit abgeschlossen. Aber schon 20 Jahre später stand das gleiche Problem wieder an.

Im Zuge der Innenrenovierung der Kirche wurde die Orgel 1979 von der Orgelbau Firma Schmidt und Mappes aus Hannover ausgebaut und zwischengelagert. Der damalige Orgel Sachverständiger, Kirchen Musikdirektor Büchsel, Befand in seinem Gutachten die Orgel als historisch wertvoll. Ein Antrag auf Bezuschussung für die Restaurierung der Orgel in Flechtorf hatte Erfolg. Die Bezirksregierung gewährte eine Zuwendung aus Bundesmitteln in Höhe von 35.000 DM. In dem Verwendungsnachweis der evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig an die Bezirksregierung vom 17. Dezember 1984 heißt es:

„Die Kirche in Flechtorf wurde in den Jahren 1979-1983 grundlegend renoviert. Dazu wurde die aus dem Jahre 1854 stammende Denkmalswerte Orgel ausgebaut. Mithilfe des gewährten Zuschusses konnte die im wesentlichen in ihrer originalen Gestalt bis heute erhaltenen Orgel restauriert und wieder aufgebaut werden. In technischer Hinsicht wurden neue Klaviertouren, Regierwerk und neue Mechanik erstellt. Die gesamte Technik wurde aufgearbeitet und ein neuer Windkasten hergestellt. Das Klangbild der Orgel, besonders in den vielen Piano – Möglichkeiten, ist von erlesener Schönheit. Für einen Organisten bedeutet es eine Freude, diese Orgel zu spielen. Der Zuschuss wurde im Rahmen seiner Zweckbestimmung verwendet.“


Im Rahmen eines Fest Gottesdienst es wurde die Orgel am 4. April 1985 am Ostersonntag von ober Landeskirchenrat Becker eingeweiht. Die Orgel brachte Herr Hans-Dieter Karras, Kantor der Brüdern Gemeinde aus Braunschweig, zum erklingen. Die Gesamtkosten für die Renovierung der Orgel, einschließlich der Maler arbeiten für das Orgel Prospekt, betrogen 75.287,11 DM.


 

Quellen: Hellermann, Hartmut (2001): Heilig-Kreuz-Kirche zu Flechtorf, in: Geshichte und Geschichten. Landkreis Helmstedt Kreisbuch 2001, günther Druckerei GmbH. 
         Kochanek, Helmut (1985): Im Schutze und Schatten der Burg. Flechtorfer Chronik, Braunschweig: Waisenhaus-Buchdruckerei und Verlag.

Register

Manualwerk: Prinzipal 8, Gedackt 8, Hohlflöte 8, Gamba 8, Oktav 4, Flaute amabile 4, Gemshorn 4, Oktave 2, Mixtur 2f.

Pedalwerk: Subbass 16, Prinzipalbass 8, Violon 8, Piano-Forte-Zug, Pedalkoppel.

Zeittafel

  1. 1854 Orgelbau, Christian Sölter zu Schöningen, 520 Thaler
  2. 1854-1867 Organist Friedrich Reiche
  3. 1888-1922 Organist Friedrich Wilhelm Heinrich Reiche (Sohn des Friedrich Reiche)
  4. 1954 Störungen beim Spiel am Buß- und Bettag
  5. 1960 Reparatur durch Orgelbauer Dutkowski, Braunschweig
  6. 1979 Innenrenovierung, Ausbau und Zwischenlagerung der Orgelbau Firma Schmidt und Mappes, Hannover
  7. 1985 Wiedereinweihung am Ostersonntag, Kantor Hans-Dieter Karras, Brüdern Gemeinde zu Braunschweig

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