Das Titelbild unserer diesjährigen „Spät Sommer-Ausgabe“ ziert ein, wie ich finde, überaus mutmachendes Motiv, wie gemalt für unsere eher in düsteren Farben getünchten Tage: Die Silhouette eines Menschen, der scheinbar leichtfüßig mit der einen Hand eine Aktentasche vor sich her tragend und die andere Hand leger in der Hosentasche vergraben habend, über den Abgrund hinweg huscht; mitten in der Luft die Kluft zwischen zwei äußerst riskanten Abrisskanten. Alles vor dem Horizont eines spätsommerlichen Sonnenuntergangs sowie historischen Hintergrund des unseligen Mauerbaus am 13. August 1961 - dessen Geschichte mittlerweile seit 1989 auch wieder Geschichte ist.
„… und mit meinem Gott kann ich über Mauern springen.“, so heißt es in einem gut 2000 Jahre alten Gebet (Ps 18, 30b); vorausgegangen war der streitbare Friedens Ansatz im Ersten Teil: „Denn mit dir kann ich Kriegsvolk zerschlagen„ (Ps 31, 18a): Was zunächst wie die berühmt-berüchtigte Quadratur des Kreises anmutet, spannt schließlich den Regenbogen einer Zukunft mit Gott über die allzu menschliche Sintflut Geschichte hinweg; oder mit dem anderen auf den ersten Blick paradox erscheinenden Zuspruch des Apostels Paulus an die junge Gemeinde in Rom gesprochen: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem“ (Röm 12, 21). Bei dem zeitlos begnadeten Liederdichter unserer Tage lautet das hinübergesetzt an das Ufer der vor dem Klang-Bilder in unserem Evangelischen Gesangbuch unter dem Titel „Herr, gib mir Mut zum Brückenbauen“ in der zweiten Strophe: „Ich möchte gerne Brücken bauen, wo alle tiefe Gräben sehn. Ich möchte über Zäune schauen und über hohe Mauern gehn.“ (EG 612,2).
Ich persönlich jedenfalls wünsche uns allen mitten in den Niederungen unserer Alltage, dass wir uns stets von Neuem beflügeln lassen von dem allgegenwärtigen guten Geist Gottes; dieser erhebt uns über die Abgründe unseres Daseins und er schwebt von Anbeginn an über dem Urgrund des Lebens: Lassen wir uns davon inspirieren - im wahrsten Sinne des Wortes!