»Geteiltes Leid ist halbes Leid,geteilte Freude ist doppelte Freude«, so heißt es in einem alten Sprichwort. In der Tat gehört das Teilen untereinander und miteinander seit jeher zu den Urtugenden der Menschheit und ihrer Geschichte; insbesondere heutzutage scheint ein Umverteilen im Sinne von gerecht verteilen –das man dann auch sinnbildlich »fair-teilen« schreiben könnte – geradezu geboten. Das schließt nicht bloß das materielle Teilen von notwendigen Lebensmitteln wie Nahrung und Getränken mit ein; es eröffnet vielmehr die darüber hinausgehende Perspektive des Teilens von »Überlebensmitteln« wie Zeit und Raum.
Zum Prototyp des Teilens ist ausgerechnet der Militär St. Martin mit der bekannten Teilungsgeschichte seines Mantels mit einem Bettler geworden, an die wir bald wieder mit Laternenumzügen zum Martinstaggedenken werden. Mit dem Teilen des Notwendigsten (im wahrsten Sinne des Wortes!), hier in der Gestalt des martinischen Mantels, gelangt auch nicht minder überlebensnotwendiges Licht in das lebensgeschichtliche Dunkel des Bettlers. Schon beim Propheten Jesaja wird unter der Rubrik »Falsches und echtes Fasten« – was man heute auch mit richtiges Für-einander- Sorgen wiedergeben könnte – Folgen- des ausgeführt: »Wenn du [...] den Hungrigen dein Herz finden lässt und den Elenden sättigst,dann wird dein Licht in der Finsternis aufgehen, und dein Dunkel wird sein wie der Mittag« (Jes 58,9a.10). In einem neuzeitlichen Kirchenlied, das in unserem Ergänzungsheft Lieder und Psalmen in unseren Kirchen vorzufinden ist, lautet es dazu in der ersten Strophe des gleichnamigen Liedes: »Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht/ und das Wort, das wir sprechen, als Lied erklingt,/ dann hat Gott unter uns schon sein Hausgebaut,/dann wohnt er schon in unserer Welt./ Ja, dann schauen wir heut schon sein Angesicht/ in der Liebe, die alles umfängt,/ in der Liebe, die alles umfängt.« (LuP 28.) In diesem Sinne wünschen wir allen auch nach dem offiziellen Ende der Sommerzeit und auf dem Weg in die sogenannte dunklere Jahreszeit gute Erfahrungen heilsamen Teilens und viele Momente erleuchtender Licht- blicke–denn bekanntlich wird ja(Kerzen-)Licht mehr, wenn man es miteinander teilt!