Der kommende 10. Sonntag nach Trinitatis wird im Kirchenjahr auch als „Israel-Sonntag“ bezeichnet und hat den Untertitel „Gedenktag der Zerstörung Jerusalems“ (70 n. Chr.). „Jerusalem“, mit angehängtem -„a“: Nicht bloß ein moderner Musiktitel, der in Pandemiezeiten durch besondere choreographische Umsetzungen von Menschengruppen weltweit Beachtung gefunden hat; vielmehr auch seit Jahrtausenden von der Wortwurzel her die Stadt, in welcher der Frieden wohnen – soll! Die Realität ist leider Gottes bis heutzutage eine gänzlich andere.
Dort, wo schon zu Zeiten der Baylonischen Gefangenschaft die Verheißung eines zeitlosen Friedensmoratoriums sozusagen seine ständige Vertretung haben sollte: „Denn Ich weiß, was ich mit euch vorhabe – Ausspruch des Herrn – Ich habe Pläne des Friedens und nicht des Unheils. Ich will euch Zukunft und Hoffnung schenken.“ (Jer 29,11 nach BasisBibel). Stattdessen eher ein chronischer Unruhe- und permanenter Krisenherd, und das inmitten des Kristallisationspunktes heiliger Stätten gleich dreier Weltreligionen.
Da finde ich es überaus tröstlich, dass an der Stelle, wo im Schatten des Braunschweiger Domes ab Advent wieder das Weihnachtsmarktleben pulsieren soll mit der „Christentumsäule“ von Jürgen Weber seit Anfang dieses Jahrtausends ein perspektivisches Hoffnungszeichen steht; nach einen Art ‚Wandelprozession‘ durch die Kirchen-Geschichte vom Ausgangspunkt „0“ bis zum damaligen negativen Höhepunkt des Anschlags auf das „World-Trade-Center“ (das sich dieses Jahr bereits zum 20. Mal jährt!) entlässt uns der Künstler mit dem Ausblick auf ein himmlisches Dreigestirn bestehend aus dem Davidsstern als jüdisches , dem Halbmond als islamisches und dem Kreuz als christliches Symbol – allesamt verbunden durch die goldene Inschrift: „Deus est Caritas = Gott ist Liebe!“
Es ist zugleich Erinnerung an die Vergangenheit und Ermahnung für die Zukunft, dass Gott sich schon immer und immer noch grundsätzlich als Gott des Friedens versteht. Dabei können sehr wohl so weit weg scheinende Gedenktage wie der an die Zerstörung Jerusalems, aber auch uns zeitlich noch wesentlich näher stehende wie die sich bald wieder jährenden Atombombenabwürfe auf Hiroshima (06.08.1945) und Nagasaki (09.08.1945) sowohl hilfreich bei der Auseinandersetzung mit der schmerzlichen Vergangenheit als auch heilsam für das Zusammenfinden zu einer friedfertigeren Zukunft sein.
In der überaus gelungenen Mischung der Melodie des altehrwürdigen Glaubensliedes „Lob Gott getrost mit Singen“ (EG 243) und des dazu neu verfassten Textes von Klaus Peter Hertzsch (aus dem Jahr der Grenzöffnung 1989!) heißt es zum guten Schluss: „Vertraut den neuen Wegen, /auf die uns Gott gesandt! / Er selbst kommt uns entgegen. / Die Zukunft ist sein Land. / Wer aufbricht, der kann hoffen / in Zeit und Ewigkeit. / Die Tore stehen offen. / Das Land ist hell und weit.“ (EG 395,3). So wünsche ich allen eine verantwortliche Rück-Sicht und eine vertrauensvolle Voraus-Schau!