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29.04.2021 Kategorie: Nachrichten_alle, Nachrichten_Flechtorf, Nachrichten_Lehre

Ermutigungswort zum Sonntag Kantate

für die Propstei Königslutter

Liebe Leserinnen und Leser!

Kantate - Singt! Wie gerne würden das viele von uns endlich wieder tun - und zwar gemeinsam! Allein in der Badewanne ist wohl auch ganz nett, aber meist weniger schön, weniger tröstlich, und weniger ermutigend! Nicht mal im Stadion darf man derzeit singen. (Ob manche auch deshalb mehr schimpfen oder prügeln? - Wer weiß?)

„Mach End, o Herr, mach Ende, mit aller unserer Not“, singt Paul Gerhardt in der letzten Strophe von „Befiehl du deine Wege“ (EG 361). Wie gern würde ich dieser Tage kräftig darin einstimmen ...

Wenn’s geht, singen Sonntag für Sonntag landauf, landab Tausende von Gottesdienstbesuchern in unseren Kirchen. Es singen Chöre, es musizieren Organisten und ganze Orchester, es spielen Bläserinnen und Bläser mit Flöten, Trompeten und Posaunen, mit Har-fen und Pauken. Auch wer nicht mitsingt, kann sich dennoch von der Musik anrühren und bewegen lassen. - „Bis orat, qui cantat!“ So sagt es ein weises altes Wort: „Wer singt, betet doppelt!“


Gebet:

Herr, unser Gott, wir singen und musizieren - für dich!

Auch wenn wir es derzeit nicht gemeinsam tun können, so doch alle, die wollen und mögen,

zumindest still in sich drin, oder laut für sich allein daheim,

oder mit wenigen andern und genügend weitem Abstand.

Es ist deine Liebe zum Leben und die Aussicht auf deinen Frieden,

die uns zum Singen und zum Klingen bringt,

und die wir redend und singend und musizierend weitererzählen.

Öffne du selbst immer wieder neu

unsere Herzen, unsere Münder und unsere Hände,

damit dein Lob nicht verstummt in dieser Welt,

und dein Friede zur Erde kommt.

So bitten wir in Jesu Namen. Amen.


„Wenn sie schweigen sollten, werden die Steine schreien.“

Mit diesem Satz weist Jesus im Lukasevangelium diejenigen zurecht, die seinen Jüngern bei seinem Einzug in Jerusalem ihr hoffnungsvoll-freudiges Singen verbieten möchten.

Manchmal, wenn ich ganz still allein in meiner Kirche sitze und die Ruhe genieße, ist mir so, als fingen die Steine in den Wänden, das Glas in den Fenstern oder das Holz in den Balken gleichsam zu reden an - so als ob alle Gebete und Gesänge aus Vergangenheit und Gegenwart in ihnen gespeichert wären. Sie künden dann von all dem Leid und all der Freude, von allem Glauben und allen Zweifeln, die Menschen hier vor Gott gebracht haben und immer noch bringen - ganz gleich, ob singend oder betend oder schweigend!

Aber nicht nur in unseren Kirchen gibt es redende, singende oder auch schreiende Steine. Jede trennende Mauer - egal ob die schon entsorgte in Berlin oder die noch unvollständige zwischen USA und Mexiko - speichert die Schreie der von ihren Eltern getrennten Kin-der. Die messingfarbenen Stolpersteine auf den Gehwegen unserer Städte künden beredt vom Unrecht, das denen angetan wurde, deren Namen sie tragen. Und wer durch die Steine des Holocaust-Mahnmals geht, kann sich ihrer „Sprache“ kaum verschließen.

Besser allerdings als auf das Reden oder das Schreien der Steine zu warten, wäre es gewiss, wenn wir uns heute ebenso wenig zum Schweigen bringen lassen wie die Freunde von Jesus damals. Wir können nämlich auch gegenwärtig - und sogar völlig coronakonform - unsere Stimmen erheben, wenn auch gerade nicht singend, aber dennoch laut und deutlich.

Dietrich Bonhoeffer fand seiner Zeit, nur wer für die Juden schreit, darf auch gregorianisch singen! Ach, hätten damals doch mehr Menschen auf ihn gehört - gerade in den Kirchen! Er wollte damit selbstredend nicht das Singen problematisieren, sondern den fehlenden Aufschrei der Christenheit für die Verfolgten.

Was die Jünger Jesu seinerzeit sangen, erinnert an Psalm 118 und an Weihnachten: „Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König! Friede im Himmel und Ehre in der Höhe!“ So proklamierten sie ihren Meister als den verheißenen Messias und sein an-brechendes Friedensreich. Bei Gott im Himmel ist der Gottesfriede bereits Wirklichkeit. Er soll aber auch auf die Erde kommen. Mit Jesus fängt das endgültig an - für alle Welt, sagt Lukas.

Davon künden seither alle unsere Lieder, alle unsere Gebete, alle unsere Predigten, - ja und auch all unser nötiger Protest gegen offenkundiges Unrecht. All das dürfen und können Freundinnen und Freunde, Schwestern und Brüder von Jesus niemals verschweigen, auch wenn’s manchen anderen nicht in ihren politischen oder religiösen Kram passt - besonders denen nicht, die auch die Sprache der Steine nicht hören und verstehen wollen und die sogar deren Schreie noch am liebsten verstummen lassen würden.

Es wird nie nur Fröhliches aus unseren Herzen rinnen. Trauer und Klage müssen auch sein. Es kann uns auch mal ganz die Sprache verschlagen über Elend, Trauer und Not von Menschen, über Hass und Gewalt. Jesus weint über seine Stadt und seine Menschen, die ihn schließlich zum Schweigen bringen, weil sie nicht sehen, wie er auch ihr Leben gut machen und ans Ziel bringen will und wird.

Uns aber kann diese Zuversicht schon heute zuerst neu das Herz öffnen und dann auch Mund und Hände. Und damit nicht die Steine in Zukunft wieder schreien müssen, dürfen wir heute nicht schweigen - und bald auch wieder singen - und zwar gemeinsam! Amen.


Fürbitten

Gott, wir danken dir für Musik und Gesang - in unseren Kirchen und überall.

Wir danken dir für die Freude, die uns durch Musik gemacht wird, für die Fröhlichkeit, die uns durch sie geschenkt wird, für die Gelassenheit, die sie uns gibt.

Wir danken dir für den Trost, den wir in der Musik finden können,für die Ruhe, die wir durch sie erfahren, und für den Mut und die Hoffnung, die sie uns schöpfen lässt.

Wir danken dir für dein Wort des Lebens, der Gerechtigkeit und des Friedens, das du auch durch Musik und Gesang zu uns sprichst, für deine Mut machende Botschaft, für dein befreiendes Evangelium.

Wir danken dir für die Gemeinschaft, die Musik und Gesang unter uns stiften, für das gegenseitige Verständnis und das Vertrauen, das sie fördern und das unsere Gemeinschaft zusammenhält.

Wir danken dir auch für die Sprache der schreienden Steine, die auch dort zu vernehmen ist, wo Menschen verstummen. Gib uns Mut und Kraft, unseren Mund aufzumachen, so gut und klar und laut wir nur können, um deinen Frieden zur Sprache zu bringen.

Wir bitten dich, Gott, in diesen Tagen um Kraft und Geduld für unsere Chöre und Kantoreien,für unsere Organistinnen und Organisten für alle, die haupt- neben und ehrenamtlich für uns musizieren für alle, die von deiner Liebe und deinem Frieden künden mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern, mit Gebeten und Predigten, die je auf ihre eigene Weise dir und deinem Namen Ehre machen, die so dem Aufbau deiner Gemeinde und dem Wachsen deines Friedens auf Erden dienen mit Worten und mit Werken im Namen Jesu Christi.

Amen.

Wir erheben unseren Stimmen und beten gemeinsam mit seinen Worten: Vater unser im Himmel ...

Beitrag von Michael Gerloff, Pastor in Bevenrode und Waggum im Pfarrverband Schunter